Die Morgenandacht Dein Stecken und Stab trösten mich

Der Herr ist mein Hirte. Der 23. Psalm ist vielen Menschen sehr vertraut. Pastorin Frauke Löffler denkt in dieser Woche über einzelne Verse daraus nach. Heute: Dein Stecken und Stab trösten mich.

Der Herr ist mein Hirte. Sein Stecken und Stab trösten mich. Es ist ein wundervoller Frühlingstag, die Sonne scheint und das erste Grün zeigt sich am Wegesrand. Ich bin im Wald unterwegs und genieße die aufblühende Natur. Ich kann mich nicht satt sehen an den frischen Blättern und zarten Blüten.

An einer Wegkreuzung bleibe ich stehen und schaue mich um. Von einer Seite nähert sich eine Frau. Sie trägt sportliche Klamotten und Sportschuhe und hat Walkingstöcke in den Händen. Schwungvoll setzt sie Fuß vor Fuß und stößt die Stöcke kraftvoll in den Boden. Fast sieht es so aus, als ob sie sich abstoßen würde. Sie hat ein enormes Tempo. Aber als sie an mir vorbeizieht, merke ich, dass ihr Gesichtsausdruck und ihre Bewegungen etwas Wütendes haben. Vielleicht hat sie sich heute geärgert, sich dann ihre Stöcke geschnappt und läuft sich den Ärger jetzt von der Seele. Auf meinen freundlichen Gruß reagiert sie kaum. Ich blicke ihr noch eine Weile hinterher, bis sie hinter der nächsten Kurve verschwunden ist. Fast kann man die Energie noch spüren, auch als ich sie schon nicht mehr sehe.

Ich gehe weiter. Wenig später überhole ich eine Frau, die langsam, Schritt für Schritt, des Weges geht. Auch sie hat zwei Stöcke bei sich, die sie bedächtig aufsetzt. Sie scheint nicht mehr ganz sicher auf den Beinen und hält sich an den Stöcken fest. Sie geben ihr Halt, während sie mit jedem Schritt einen sicheren Stand auf dem manchmal unebenen Boden sucht. Sie bewahren sie so vorm Fallen. Die Stöcke ähneln der denen der Walkerin, aber die einen sorgen für Schwung und die anderen für Halt.

Im 23. Psalm erzählt ein Mensch, dass Gott ihn wie ein Hirte begleitet. Und dann sagt er: "Dein Stecken und Stab trösten mich". Daran muss ich denken, als ich diese Frauen sehe. Oft habe ich mich gefragt, wie Stecken und Stab wohl trösten können. Hier sehe ich es nun. Diese Stöcke geben Halt und Schwung in der Wut und sie geben Halt und Sicherheit auf unebenem Weg. So kann ich mir Gottes Trost gut vorstellen: als Halt, damit mich der Ärger nicht überwältigt und als Halt, damit ich den Boden unter den Füßen nicht verliere. "Der Herr ist mein Hirte. Dein Stecken und Stab trösten mich". Das wünsche auch ich mir.