Auf der Bühne Emotionale Familiengeschichte: Uraufführung von "Solange wir leben"
Standdatum: 3. März 2025.

Der Bremer Autor David Safier feiert Bestseller-Erfolge. Sein Roman "Solange wir leben" aus dem Jahr 2023, der die Geschichte seiner Eltern erzählt, hatte Uraufführung am Theater Bremen.
Worum geht es in dem Stück?
Es geht um eine Liebesgeschichte im Wortsinn: Das Stück handelt von Liebe und Geschichte. David Safier erzählt vom sehr bewegten Leben seiner Eltern. Sein jüdischer Vater Joschi, 1915 in Wien geboren, verlor fast die gesamte Familie im Holocaust, floh nach Palästina, kämpfte im israelischen Unabhängigkeitskrieg, arbeitete in Israel als Barmann und Spion, fuhr dann zur See und verliebte sich beim Landgang in einer Eisdiele in Bremen Walle in die Werftarbeitertochter Waltraut. Die ist mit Mitte 20 bereits alleinerziehende Witwe, als sie den 20 Jahre älteren Joschi kennenlernt. Die beiden heiraten und der gemeinsame Sohn David macht die Familie komplett. Die Eltern betreiben ein Nachtlokal im Bremer Bahnhofsviertel, immer wieder überschatten Krankheiten und Alkoholismus das Leben.
Was gab es zu sehen?

Anders als im Roman bewegt sich in der Inszenierung Joschi, der Vater, als alter, schwerkranker Mann noch einmal durch sein früheres Leben. Dabei trifft er auch auf bereits verstorbene Menschen aus seiner Vergangenheit, sie tragen eine graue Staubschicht auf den Schultern. Ansonsten werden — wie im Buch — die Leben der Eltern zunächst abwechselnd erzählt, bis sie sich dann kennenlernen. Im Buch hat David Safier selbst nur eine Nebenrolle als Sohn seiner Eltern. Im Theaterstück ist seine Rolle nicht besetzt auf eigenen Wunsch: "Was für mich besonders berührend ist, dass meine Familie hier in dieser Stadt wieder in Erinnerung kommt. Es gibt ja kaum Menschen, die sie noch gekannt haben. Und jetzt kennt sie ein ganzes Theater", sagt er unserer Kritikerin am Premierenabend.

Die sieben Darstellenden zitieren Textpassagen aus dem Buch, manchmal in Ich-Form übersetzt, sie werden also selbst zu Erzählenden. Dadurch bleibt vor allem am Anfang ihr Sound etwas distanziert, fast deklamatorisch. Wenn Szenen nachgespielt werden, wird es richtig lebendig auf der Bühne. Der Text ist oft mit stimmiger Live-Musik unterlegt von Matti Weber. Dazu kommen Songs vom Band. Außerdem wird ausgiebig gesungen und getanzt auf der ziemlich nüchternen Bühne. Auf den hohen grauen Wänden werden zur Orientierung Stadtansichten von Wien, Haifa und Bremen als bewegte Zeichnungen projiziert. Ansonsten ist es eher ein Bühnenbild der Andeutungen. Links an der Wand ein Klavier und Barhocker. Der Eisenbahnwaggon, in dem Waltraud lange lebt, hat Spielzeuggröße. Immer wieder im Zentrum ein Bett, auf dem Menschen geboren werden, krank werden, ihren Rausch ausschlafen und schließlich auch sterben.
Was sagt unsere Kritikerin?
Alize Zandwijk ist mit ihrer gefühlvollen Inszenierung dieser Familiengeschichte sehr gerecht geworden, die David Safier trotz aller Tragik humorvoll geschrieben hat. John von Düffel hatte aus der Buchvorlage die Theaterfassung gemacht, das heißt Handlung gekürzt, Schwerpunkte gesetzt und das Personenaufgebot des Romans reduziert. Dabei hätte er noch weitergehen können, damit die Inszenierung am Ende nicht die Länge einer Wagner-Oper erreicht. Noch mehr Spielszenen statt Erzählen hätten der Inszenierung vielleicht auch gutgetan. Zumal das Bremer Ensemble großartig agieren kann. Das haben gestern Abend allen voran Guido Gallmann und Shirin Eissa in den Hauptrollen bewiesen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Sonntagmorgen, 2. März 2025, 09:36 Uhr