Auf der Bühne Elfriede Jelineks "Sonne/Luft" zum Klimawandel voller Absurdität
Standdatum: 6. Mai 2024.
Im Theaterstück der österreichischen Literaturnobelpreisträgerin dominieren Stimmen und Gegenstimmen, Wortspiele und Wiederholungen, Andeutungen und Assoziationen. Es gibt keine Theaterrollen im herkömmlichen Sinne, sondern zwei Perspektiven: die der Sonne, im zweiten Teil die der Luft.
Worum geht es?
Im ersten Teil des langen Theaterabends spricht die Sonne, im zweiten Teil die Luft. Beide sind fassungslos über den Zustand der Welt. Regisseurin Christiane Pohle setzt das Stück mit viel Bewegung in Szene. Fünf Darstellende wechseln sich dabei ab, erst die Sonne und dann die Luft zu Wort kommen zu lassen. Als Sonnen tragen sie bunte Kleider, Helme und Sonnenbrillen, machen Pilates-Übungen, tanzen und sonnen sich. Als es nach der Pause um die Luft geht, treten sie in der Kluft von Polarforschern in dicken roten Overalls auf. Die Handlung wird oft von Musik begleitet. Jelinek zitiert in ihrem Text Lieder der Romantik. Entsprechend wird auf einem Plattenspieler am Rand der Bühne mal Franz Schubert aufgelegt. Und es gibt experimentelle musikalische Einlagen von Philipp Haagen am Flügel und mit der Tuba. Das Stück liefert außerdem reichlich Zitate aus der Bibel, der klassischen Literatur und aus der Musik.
Was gab es zu sehen?
Der Flügel steht links auf der Bühne und wird ab und zu samt Pianisten im Boden versenkt. Rechts oben hängt eine große goldene Sonne, in Iglu-Form, die gelegentlich von der Decke herabgelassen und dann als Spielort genutzt wird. In der Mitte der Bühne klafft ein Loch im Holzboden, aus dem steigt ab und an Rauch auf. Die Sonnen- und Luftdarstellenden sehen sich manchmal durch das Guckloch die Apokalypse unten auf der Erde an. Videoprojektionen an der Wand dürfen natürlich auch nicht fehlen. Und wenn dann nach der Pause die Luft zu Wort kommt, steht noch ein Liegestuhl auf der Bühne, wo Luftikus entspannen und ein Fußbad nehmen kann.
Was sagt unsere Kritikerin?
Die fast drei Stunden mit Pause kamen mir sehr lang vor. Ich habe vielfach Gesagtes über den Klimawandel noch mal mit Jelineks Worten gehört. Auch wenn ihre sprachliche Virtuosität und ihr Sinn für Absurdes immer wieder aufscheinen – wie die Sonne. Die Inszenierung selbst fing gewollt unangenehm an. Das Publikum wurde in den ersten Minuten vom grellen Scheinwerferlicht geblendet. Nachdem das überstanden war, konnte man sich aber immer noch nicht gut orientieren. Denn es folgte eine diffuse Sammlung von szenischen Assoziationen. Requisiten kamen und gingen, ebenso wie Eisbären und Dinosaurier. Die Schauspielenden waren mit großer Spielfreude bei der Sache. Allerdings wurde viel geschrien, was mir inhaltlich nicht weitergeholfen hat. Insofern kann der Klimawandel, der Landstriche verdorren lässt, auch zu öden Theaterabenden führen.
Dieses Thema im Programm: Bremen Zwei, Der Morgen, 5. Mai 2024, 09:38 Uhr