Die Morgenandacht Das Glück ist keine Handelsware

Glücksmomente im Leben haben immer mit Beziehungen zu anderen Menschen tun, ist der Theologe Heinrich Siefer überzeugt. Glück wird einem geschenkt.

Das Streben nach Glück ist so alt wie die Menschheit. Schon der römische Dichter und Staatsmann Seneca sagte im 1. Jahrhundert: "Wir alle streben nach Glück und einem erfüllten Leben." Aber wovon hängt das Glück ab? Stellen wir uns einen Menschen vor, der in einem wissenschaftlichen Institut auf einem Sofa liegt und entspannt zu schlafen scheint. Ärzte haben ihm auf seinen Wunsch hin ein Mittel verabreicht, das ihn in einen Zustand dauerhafter Euphorie versetzt. Komplizierte Vorrichtungen sichern seine Ernährung. Sein Gesicht strahlt höchstes Wohlbehagen aus. Der leitende Arzt, des Experiments erklärt, dass dieser Mensch weitere zehn Jahre in diesem Zustand bleiben wird. Wenn es nicht mehr möglich sein wird, diesen Zustand zu verlängern, werde man die Maschine abschalten und ihn unverzüglich schmerzlos sterben lassen. Der Arzt bietet uns an, uns sofort in die gleiche Art von Glückseligkeit zu versetzen.

Was meinen Sie? Würden Sie bei dem Experiment mitmachen wollen? Ich auf keinen Fall. Glück hat für mich nichts mit einer Dauereuphorie zu tun. Glück bedeutet für mich, das Leben zu leben, vor allem mit Dankbarkeit. Vieles in meinem Leben habe ich mir nicht selbst verdient. Dass ich bin, verdanke ich meinen Eltern. Und dass ich geliebt werde und lieben kann, verdanke ich anderen Menschen. Glück empfinde ich immer dann, wenn ich spüre, dass mir etwas geschenkt wird, wofür ich mich manchmal noch nicht einmal abgestrampelt habe. Einfach so: in einem Text zum Glück heißt es: Glück ist gar nicht mal so selten, Glück wird überall beschert. Glück ist jeder neue Morgen, Glück ist bunte Blumenpracht, Glück ist, wenn ein Kind ein Eis isst, Glück ist auch ein lieber Gruß. Glück ist die Hand eines Freundes. Glück ist freundlicher Besuch.

Glück ist keine Handelsware. Glücksmomente in meinem Leben haben immer mit Beziehungen zu tun: zu meiner Frau, meinen Kindern, Freunden, lieben Menschen, aber manchmal auch mit spontanen Begegnungen auf der Straße: ein Lächeln, ein gutes Wort, ein lieber Gruß. Glück kann man nicht machen. Glück wird einem geschenkt. "Glücksägens Neijohr!" So grüßen sich auf Plattdeutsch viele Menschen im norddeutschen Raum in den ersten Tagen des neuen Jahres, wenn sie einander begegnen. "Glücksägens Neijohr!"  – das meint: Ich wünsche dir ein von Glück gesegnetes neues Jahr. Ein schöner Wunsch. Und das wünsche ich Ihnen allen auch!