Die Morgenandacht Der Traum der Könige
Standdatum: 4. Januar 2025.
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Gott winkt nicht mit dem Zaunpfahl, sondern ist eher sacht, sanft und behutsam, glaubt Heinrich Siefer. Es brauche Achtsamkeit, um ihn wahrzunehmen.
Ein Stern führte die Heiligen Drei Könige von weit her zum Stall nach Bethlehem. So fanden sie das Kind, den neuen König. Man könnte meinen, damit wäre alles getan. Doch König Herodes hatte den Wunsch geäußert, dass die Könige zu ihm zurückkehren und ihm Bericht erstatten. Da kommt noch etwas dazwischen: Gott selbst greift ein. Im Traum, im Schlaf. Ein Engel erscheint und sagt den Königen, dass sie nicht zu Herodes zurückkehren sollen.
Diese Szene entdeckte ich vor Jahren in der französischen Stadt Autun. In der romanischen Kathedrale ist sie auf einem Säulenkapitell besonders anrührend dargestellt: Drei Männer liegen ruhend eng nebeneinander. Im Schlaf tragen sie noch die Kronen, Zeichen ihrer königlichen Würde. Sie liegen zugedeckt nur mit einer Decke, die in einem großen Bogen halbkreisförmig über sie gebreitet ist. Zwei der Männer liegen auf dem Rücken und sie scheinen tief zu schlafen. Der dritte liegt auf der Seite und scheint wach zu sein oder im Halbschlaf. Sein Arm liegt über der Decke. Er hat er die Augen geöffnet. Aber er sieht weder den funkelnden Stern am Himmel noch den Engel hinter dem Bett.
Der linke Arm des Engels ist ausgestreckt und er weist eindringlich mit dem Zeigefinger auf den Stern, der wie eine Blume aussieht und deutlich über den Köpfen der drei steht. Trotz der Dringlichkeit seiner Botschaft rüttelt der Engel sie nicht gewaltsam wach. Ganz zart tippt er mit dem Zeigefinger der rechten Hand die Hand dessen an, der seinen Arm auf der Decke liegen hat. So rücksichtsvoll, dass er nicht aufschreckt, doch so nachdrücklich, dass er die Augen öffnet. Wenn er sich dreht, wird er den Engel sehen und den Stern, der ganz nah bei ihm ist, direkt auf Augenhöhe.
Wie gut, dass sich sein Blick öffnet, dass er sich öffnet für den leisen Impuls von Gottes Boten. Die Sterndeuter lassen sich anrühren, stehen auf und folgen dem Wink Gottes. Gott winkt allerdings nicht mit dem Zaunpfahl, sondern eher sacht, sanft, behutsam. Er spricht eher leise, oft sehr leise, fast überhörbar. Er berührt zärtlich. Es braucht Achtsamkeit und Feinfühligkeit, um ihn wahrzunehmen. Wer abgestumpft ist, verhärtet ist, wird das nicht spüren.
Ja, manchmal berührt er auch uns leise und sacht, der Engel des Herrn, vielleicht in der Nacht – und immer sagt er sein "Fürchte dich nicht! Geh deinen Weg!" Das ist die Zusage, die uns an Weihnachten aufgeblüht ist, im Stern von Bethlehem – und die uns durch das neue Jahr begleitet.