Die Morgenandacht Du schenkst mir voll ein
Stand: 21. März 2025.
Die Morgenandacht Du schenkst mir voll ein
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- Verfügbar bis: 21. März 2027 Informationen zur Verweildauer
Der Herr ist mein Hirte. Der 23. Psalm ist vielen Menschen sehr vertraut. Pastorin Frauke Löffler denkt in dieser Woche über einzelne Verse daraus nach. Heute: Du schenkst mir voll ein.
Der Herr ist mein Hirte. Er schenkt meinen Becher voll ein. Wir sitzen zusammen beim Trauergespräch: der Sohn und die Schwiegertochter der Verstorbenen erzählen aus dem Leben ihrer über 90-jährigen Mutter und Schwiegermutter. "Das Wichtigste war das Essen!" erzählt die Schwiegertochter. "Wann immer wir zu Besuch kamen, wurde gekocht und gebacken. Dann wurde eine weiße Tischdecke aufgelegt und das gute Geschirr herausgeholt. Und dann mussten wir essen und trinken. Und wenn man dann sagte: bitte nicht so viel oder bitte nur halbvoll, dann machte sie das Glas extra voll."
Anfangs habe ich mich manchmal richtig geärgert, weil ich mir wie eine gestopfte Weihnachtsgans vorkam. Da mochte ich schon gar nicht mehr hinfahren, weil mir das zu viel war. Ich habe gedacht: es wäre so schön, wenn sie uns entspannt und ohne Vorbereitungsauswand begrüßen könnte. Dann könnte sie entspannt bei uns sitzen und uns erzählen, was sie so erlebt hat in den letzten Tagen. Aber so schien das immer so anstrengend für uns alle. Und wenn ich es wagte, zu fragen, ob ich vielleicht etwas helfen kann, dann hat sie fast empört geantwortet: Lass mal, das schaffe ich schon noch!
Wir haben oft auch mit dem Rest der Familie drüber gesprochen. Eines Tages sagte dann unsere Nichte: Ich habe neulich mit Oma telefoniert und da hat sie gesagt: wie schön, am Wochenende kommen Martin und Sabine und da will ich Apfelkuchen backen, den mag Sabine so gern und den Fisch für das Essen hole ich Freitag auf dem Markt. Da kann ich mich die ganze Woche vorfreuen! Das ist dann zu einem geflügelten Wort geworden bei uns: die ganze Woche vorfreuen. Und wenn dann ein Besuch bei ihr anstand, dann haben wir vorher immer gesagt: jetzt freut sie sich bestimmt schon vor und haben uns mitgefreut. Und dann schmeckte das Essen noch besser und ich habe gern noch mal nachgenommen und mir das Glas ganz voll schenken lassen. Seitdem waren die Besuche viel schöner und entspannter. Komisch, dass es so lange gedauert hat, bis ich begriffen habe, dass sie mit dem ganzen Aufwand nur zeigen wollte, wie gern sie uns hat! Versonnen lächeln die beiden in der Erinnerung und man kann ihnen ansehen, dass sie in Gedanken noch einmal am Tisch der Mutter und Schwiegermutter sitzen.
Die Menschen, die einmal gebetet haben: der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln, die konnten auch sagen: "Du schenkest mir voll ein". Sie haben erfahren, dass Gott nie nur ein halbes Glas für uns bereit hält, sondern immer ein volles. Nur um uns zu zeigen, wie gern er uns hat. Und bestimmt hat er sich auch bei jedem und jeder von uns vorgefreut, als wir auf die Welt kamen.