Die Morgenandacht Begegnungen – und nicht Vergegnungen
Stand: 23. März 2025.
Die Morgenandacht Begegnungen – und nicht Vergegnungen
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Wir brauchen in einer Zeit politischer Umbrüche Dialogbereitschaft, Respekt und Empathie füreinander, fordert Pastoralreferent Klaus Hagedorn.
Die Welt ist im Fieber. Wir erleben nicht geahnte politische Umbrüche. Wir merken, wie zerbrechlich unsere Kultur und Zivilisation ist. Sie wird bedroht durch die Gleichgültigkeit vieler und durch das Erstarken der extremen Rechten mit einer brutalen und vulgären Sprache, die Andersdenkende niedermachen will. Autokratische Despoten ignorieren alte Regeln menschlichen Anstands und menschlichen Miteinanders. Sie verabschieden sich vom vernunftgeleiteten Diskurs, von internationalen Abkommen und der Suche nach politischen Kompromissen. Ihr Motto lautet: "Me First" – "Zuerst ich". Und ihr Menschenbild steht den Welt-Religionen diametral entgegen.
Der Mensch ist keine Ware; er ist auch mehr als er leistet, mehr als seine Herkunft, sein Geschlecht, seine Religion. Jeder Mensch hat von Geburt an eine unverlierbare Würde, die unantastbar ist. Deshalb ist es wichtiger denn je, dass wir für diese Menschenwürde einstehen, das menschliche Antlitz erkennen – auch und gerade im anderen, sogar im Gegner oder Feind. Und einsehen, dass alle Menschen Schwestern und Brüder sind – geschwisterlich miteinander verbunden und aufeinander angewiesen – weltweit.
"Alles wirkliche Leben ist Begegnung.“ Dieses Wort stammt von Martin Buber, dem jüdischen Religionsphilosophen. Begegnungen geschehen täglich. Dabei konfrontieren uns Menschen mit unterschiedlichen Ansichten, Standpunkten, Wertungen. Manche können wir teilen, andere bleiben uns fremd. Was wir dringend brauchen, ist: Dialogbereitschaft; Respekt voreinander; Empathie füreinander; die Fähigkeit zuzuhören, um das Gegenüber zu verstehen; Toleranz gerade dann, wenn wir Unterschiedlichkeiten stehen zu lassen haben. Das fordert oft sehr heraus. Es ist aber unumgänglich, wenn wir für gerechten Frieden einstehen wollen. Alles andere wäre kein "wirkliches Leben", keine "Begegnung", sondern – wie Buber es ausdrückt: "Vergegnung".
Deshalb ist das unbeirrbare Suchen nach Verständigung so notwendig. Konflikte brauchen Sprache; sie sind beim Namen zu nennen. Was unausgesprochen schwelt und die Atmosphäre vergiftet, das müssen wir ansprechen. Wir müssen den Schmerz auf allen Konfliktseiten ansehen. Und wahrnehmen, wie im Schmerz der einen Seite vermutlich der Schmerz der anderen gar keinen Platz haben kann.
Deshalb ist so wesentlich ein Sprachraum, der die verschiedenen Wahrnehmungen zu fassen versucht – wir müssen also einen Friedensraum schaffen, der Schutz bietet auch im Streit. Wer mitarbeiten will an Verständigung und Versöhnung, der muss den Hass und Krieg gründlich verlernen. Wir haben nur diese eine Zukunftsoption für wirkliches Leben auf unserer kostbaren Erde.