Was macht die Kunst? Der heilige Hieronymus von Leonardo da Vinci

Eine Frau lächelt in die Kamera
Kia Vahland

Was macht die Kunst? Der heilige Hieronymus von Leonardo da Vinci

In der digitalen Gegenwart scheint die Einsamkeit zuzunehmen. Auch Politiker und Forscher beachten das Phänomen zunehmend. Einzelgänger allerdings hat es schon immer gegeben, nicht alle von ihnen waren einsam und unglücklich. Die Bremen Zwei-Kolumnistin, Kunsthistorikerin und politische Journalistin Kia Vahland spricht über einen großen Einsamen, den Heiligen Hieronymus, dargestellt im späten 15. Jahrhundert von Leonardo da Vinci.

Bild: Börsenverein des deutschen Buchhandels | Moe Wuestenhagen

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Das Gemälde von Leonardo da Vinci zeigt den heiligen Hieronymus.
Leonardo da Vincis Gemälde, der heilige Hieronymus von 1482. Zu sehen ist es im Vatikan in Rom. Bild: Radio Bremen

Leonardo da Vincis Werk vom Heiligen Hieronymus ist ein unvollendetes Gemälde in Erdtönen. Es zeigt Hieronymus in der Wüste, sich selbst ausgeliefert, begleitet nur von seinem Löwen. Hieronymus hat sich frei für das Alleinsein entschieden. Als Renaissance-Mann ist Leonardo diese Wahlfreiheit wichtig, der menschliche Wille zählt. Trotzdem macht dem Heiligen auf dem Gemälde sein Zustand etwas aus, qualvoll peinigt er seinen hageren, nicht mehr jungen Körper.

Heute haben wir in den westlichen Demokratien jene Wahlfreiheit, die sich Renaissance-Menschen wie Leonardo wünschten: freie Berufs-, Wohnorts- und Partnerwahl etwa. Das ist ein hohes Gut, das es zu verteidigen gilt gegen illiberale Tendenzen. Aber die ständige Beschäftigung mit dem eigenen Leben kann bei manchen auch zur Vereinzelung führen, wenn an die Stelle der alten Familienstrukturen und des Vereinslebens der frühen Bundesrepublik nicht etwas gutes Neues tritt, wie Freundschaften, Solidarität, nachbarschaftlicher Austausch oder ehrenamtliches Engagement.

Leonardo da Vinci selbst lebte anders als die meisten Männer seiner Zeit, aber nicht allein. Er wohnte eine Zeitlang in einer Männer-WG mit einigen seiner Schülern und mutmaßlichen Liebhabern. Zudem ging er Freundschaften auch zu Frauen ein. Aber er war auch ein wilder und dabei oft einsamer Denker, der sich Gedanken machte über die Entstehung der Welt oder das Wesen der Bäume. Nicht immer verstanden seine Zeitgenossen dieses Grübeln. Leonardo wanderte viel allein, eine Felslandschaft wie die des Hieronymus dürfte ihm bekannt gewesen sein. Er brauchte den Rückzug, aber auch den Austausch mit anderen. Und das ist ja das Gleichgewicht, das jeder und jede für sich finden muss.

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  • Kia Vahland

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