Was macht die Kunst? Flucht nach Ägypten von Adam Elsheimer
Standdatum: 22. Dezember 2024.
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Das Gemälde zeigt eine Nachtlandschaft, einen dunklen Wald unter einem Himmel mit ungewöhnlich vielen Sternen, darunter die komplette Milchstraße. Der Mond ist voll, er spiegelt sich mit all seinen Kratern in einem Gewässer. Durch den Wald reitet Maria auf einem Esel mit Sack und Pack, Bratpfanne und Wasserkrug. Sie trägt das Jesusbaby, Josef weist mit einer Fackel den Weg. Die Szene wäre unheimlich, wären da nicht die vielen Sterne – und einige Hirten, die der Familie mit einem Lagerfeuer auf einer Lichtung einen warmen Empfang bereiten wollen. Mit dem Wert der Gastfreundschaft beschäftigte sich Elsheimer auch auf anderen Gemälden, und zwar ohne Ansehen der Person.
Adam Elsheimer wuchs bei Frankfurt auf, wo sich viele protestantische Flüchtlinge aus Flandern aufhielten. Er reiste viel, kam schließlich nach Rom, wo er in den Forscherkreisen um Galileo Galilei verkehrte. Dort lernte er eine neue Erfindung kennen: das Fernrohr. Niemand vor ihm in Europa malte den Sternenhimmel so exakt. Elsheimer versöhnt auf dem kleinen Bild Physik und Religion. Die Sterne behüten die Fliehenden. Und das tun auch die freundlichen Hirten.
Das 17. Jahrhundert mit seinen schrecklichen Glaubenskriegen war voll von Fluchtgeschichten. Die Leute wussten, was es bedeutet, auf Hilfe in der Fremde angewiesen zu sein. Dieses Bewusstsein scheint heute zu schwinden. Kaum war das Terrorregime Assads in Syrien gestürzt, begann hierzulande schon die Debatte um Rückführungen, obwohl die Lage noch unklar ist in dem Land. Womöglich haben viele Einheimische vergessen, dass auch Deutschland lange ein Auswandererland war.