Was macht die Kunst? Abend über Potsdam von Lotte Laserstein
Standdatum: 10. November 2024.
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Wir sehen eine Tischgesellschaft auf einem Balkon mit Aussicht über das wolkenverhangene Potsdam. Das Mahl ist verspeist, ein bisschen Obst und Brot liegt noch auf der weißen Decke. Eine Frau schenkt aus einem Tonkrug nach. In der Bildmitte stützt sich eine junge Frau auf ihre Unterarme und sinniert. Ein Mann wendet sich ihr zu, doch sein Blick geht ins Leere. Überhaupt sind hier alle mit sich beschäftigt, selbst der Hund unter dem Tisch schaut traurig aus. Eine hochgewachsene Frau links hat sich schon ausgeklinkt: Instabil auf nur einem Fuß steht sie am Balkongeländer und betrachtet die verhangene Dächerlandschaft mit den Kirchtürmen. Es ist ein Moment der Ungewissheit.
Lotte Laserstein beschreibt in ihrem Bild das Gefühl, wie festgefroren zu sein im Lauf der Ereignisse, wenn man merkt, dass die Dinge in die falsche Richtung laufen und etwas Existenzielles verlorenzugehen droht. In ihrem Fall die Freiheit der Weimarer Zeit. Wirtschaftskrise und Inflation tobten 1930, rechte Gewalttaten und antisemitischer Hass nahmen zu. Noch aber gab es eine Demokratie in Deutschland, der Aufstieg des Nationalsozialismus hätte sich zu diesem Zeitpunkt noch stoppen lassen.
In dieser Woche nun hat der klare Wahlsieg eines notorischen Lügners und Zündlers zum US-Präsidenten viele Menschen tief erschüttert. Jene, die keine Autokratie, keine politische Gewalt wollen oder ertragen könnten, gestehen sich nun gerade ihre Sorge um die Demokratien ein.