Was macht die Kunst? Selbstporträt mit Katze von Lotte Laserstein
Standdatum: 2. Februar 2025.
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Auf den ersten Blick sehen wir ein Wohlfühlmotiv, etwas, das heute Algorithmen in sozialen Medien geradezu explodieren ließe: eine Frau streichelt ihre dicke, zufriedene Katze; man meint, das Tier schnurren zu hören. Dann sehen wir: Die Frau ist Malerin, sie hält einen Stift an eine Staffelei, im Hintergrund steht ihr Pinselglas vor einem Fenster mit Blick über eine urbane Dachlandschaft. Es ist also eine Selbstaussage der Malerin Lotte Laserstein. Sie schaut nicht nur uns an, sondern auch in einen Spiegel, den sie auf unserer Höhe platziert haben muss, um sich selbst zu erkunden und zu malen.
Ganz offensichtlich sah Laserstein sich als eine Frau, die aufmerksam und genau die Welt beobachtet. Das passt zu ihrem hellen, sachlichen Stil und dem nüchternen, ernsten Gesichtsausdruck. Hinzu kommt die zufriedene, kämpferische Energie ihrer grünäugigen Katze. Auf Bildnissen von Menschen mit ihren Schoßtieren vergleicht man unwillkürlich Nase und Schnauze, Hände und Tatzen und auch das Wesen der beiden. Im Alltag heißt es ja oft, dass Haustiere und deren Besitzer sich ähneln. In der Malerei ist das ganz gewiss so. Wenn Laserstein sich mit einer Katze malt, nimmt sie auch deren Unabhängigkeit und Selbstgewissheit für sich in Anspruch. Und sie zeigt Zuwendung und Respekt gegenüber einem anderen Lebewesen.
Es wirkt wie ein Gegenbild zur allgegenwärtigen Gewalt und Unsicherheit, dem Hass in der späten Weimarer Republik. Laserstein sagt: Man kann aufmerksam und liebevoll interagieren, ohne das Gegenüber zu vereinnahmen. Es gibt nicht immer nur Sieger und Verlierer. So geht sie auf anderen Bildern auch mit ihrem Lieblingsmodell Traute Rose um. Und so schafft es diese junge Künstlerin aus jüdischer Familie, in politisch so prekärer Zeit Hoffnung zu verbreiten. Nur fünf Jahre später sind die Nazis an der Macht. Bald kann Laserstein nicht mehr arbeiten in Deutschland, sie muss nach Schweden fliehen.